Lukke Mörschner
Lukke Mörschner
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In einem ausführlichen Gespräch teilt Lukke Mörschner, ein führender Erbrechtsanwalt und geschäftsführender Partner einer renommierten Kanzlei mit mehreren Standorten in Deutschland, seine Einblicke in die wichtige Schnittstelle zwischen Erbrecht und Immobilienvermittlung. Mit umfassender Erfahrung in der Abwicklung von Nachlässen und dem Verkauf von Immobilien betont Lukke Mörschner die Bedeutung von Erbrechtskenntnissen für Immobilienmakler. Er gibt praktische Ratschläge und beleuchtet die Herausforderungen, denen Erben und Makler bei der Verwaltung von Nachlassimmobilien gegenüberstehen.
Mein Name ist Lukke Mörschner. Mit vier Partnern leite ich eine mittelständische Kanzlei mit Sitz in Leverkusen, Bonn und Bergheim. Derzeit planen wir eine weitere Niederlassung in Hamburg. Als Fachanwalt für Erbrecht stehe ich dem Erbrechtsdezernat vor. Dieses bearbeiten wir mit vier spezialisierten Erbrechtsanwälten und weiteren Mitarbeitern. Damit gehören wir mit zu den bundesweit größten Anbietern für Rechtsdienstleistungen im Erbrecht. Seit 2017 werden wir ohne Unterbrechung von anderen Rechtsanwälten unter die Top Rechtsanwälte für Erbrecht auf die bekannten Listen von Focus, Stern und Capital gewählt.
Bereits im Jahr 1995, ich habe ein Auslandssemester in Lausanne absolviert, bin ich mit dem Erbrecht und auch mit dem internationalen Erbrecht in Berührung gekommen. Bis heute fasziniert mich dieses Rechtsgebiet, weil es neben dem Erbrecht auch Berührungen zum Steuerrecht, zum Gesellschaftsrecht und eben auch zum Immobilienrecht gibt. Es wird also auch nach diesen ganzen Jahren nicht langweilig. Zudem bedeutet Erbrecht auch Nachlassabwicklung im praktischen Fall und daher habe ich ständig bundesweit Immobilien in den von uns betreuten Nachlässen, die verkauft werden sollen. Da bleibt es nicht aus, sich auch in dem Bereich des Immobilienrechts ständig fortzubilden und zu spezialisieren.
1. Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, dass Makler grundlegende Kenntnisse im Erbrecht haben? Das Erbrecht ist besonders. Neben der durchaus zu bewältigenden komplexen Materie „menschelt“ es im Erbrecht. Damit Makler sowohl in Richtung der Erben als auch zu den Auftraggebern und zu den Erwerbern kompetent und sicher auftreten können, sollten sie die Grundlagen des Erbrechts und die Besonderheiten, die mit der Vermittlung von Nachlassimmobilien einhergehen, beherrschen.
2. Welche grundlegenden erbrechtlichen Kenntnisse sollten Makler Ihrer Meinung nach unbedingt besitzen?
Unbedingt sollten sie wissen, wie eine Erbengemeinschaft rechtlich strukturiert ist und welche Aufgaben Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger und Nachlassverwalter haben.
3. Haben Sie schon einmal Schulungen für Makler angeboten? Wie war die Resonanz?
Ich habe 1998 als Repetitor angefangen und Juristen für das 1. und 2. Staatsexamen ausgebildet, später dann Fortbildungen für Rechtsanwälte und Steuerberater durchgeführt und letztlich halte ich auch im Auftrag von Banken, Versicherungen und Unternehmensberater Vorträge. Makler waren noch nicht darunter; wäre aber auch eine Idee.
4. Was sind die häufigsten Fragen, die Ihnen von Erben gestellt werden?
Die Trilogie der Fragen, die Anwälte meistens gestellt bekommen: Gewinne ich? Wie lange dauert es? Was kostet das alles? Im Erbrecht sind es meistens Fragen, wie mit Erbengemeinschaften umzugehen ist oder wie der Pflichtteil geregelt werden kann.
5. Was sind die häufigsten Fragen, die Ihnen von Maklern gestellt werden?
Hier geht es zumeist um die Themen der Erbscheinerteilung und der Berichtigung von Grundbüchern. Auch darum, wie Kaufverträge mit Erbengemeinschaften gestaltet werden müssen, wenn es in der Gemeinschaft Streit gibt. Manchmal sind die Funktionen und die Kompetenzen von Testamentsvollstreckern, Nachlasspflegern und Nachlassverwaltern auch unklar und müssen erläutert werden.
6. Können Sie Beispiele für typische Herausforderungen nennen, mit denen Erben und Makler beim Verkauf von Immobilien konfrontiert sind?
In vielen Fällen geht es darum, dass es mehrere Erben gibt und daher auch unterschiedliche Auffassungen zu dem Kaufpreis, der für die Nachlassimmobilie erzielt werden soll. Hier ist die Kommunikation wichtig und das Verständnis dafür, dass die Erben häufig sehr emotional reagieren. Ferner geht es um die Verwaltung von Nachlassimmobilien oder auch um das Thema Räumung zwecks Übergabe an den Erwerber.
7. Wie kann eine effektive Zusammenarbeit zwischen Erbrechtsanwälten und Maklern aussehen?
Die Kommunikation steht an erster Stelle. Beim Immobilienverkauf geht es um Vertrauen. Wenn auf Veräußererseite dann noch eine Erbengemeinschaft steht, dann ist der Vertrauensaufbau und Erhalt besonders wichtig. Effektiv ist es aus meiner Sicht, wenn die unterschiedlichen Kompetenzen zusammengelegt werden und sich dadurch beide Seiten Arbeit abnehmen.
8. Welche Vorteile bringt eine solche Zusammenarbeit für beide Seiten?
Ganz einfach. Makler möchten gerne Maklerverträge abschließen und erfolgreich für beide Seiten Immobilien verkaufen. Wenn beide Seiten zufrieden sind, dann gibt es nicht selten Anschlussaufträge. Das ist bei den Anwälten nicht anders. Wir möchten die Fälle sauber erledigen und wissen, dass wir keine unzufriedenen Mandanten hinterlassen.
9. Haben Banken ausreichende Kenntnisse im Erbrecht? Wenn nein, was sind die größten Wissenslücken?
Das ist leider ein großes Thema. Denn nein, haben sie leider nicht. Es mag Ausnahmen geben. Aber derzeit wird die Zusammenarbeit mit Banken immer schlechter. Das liegt daran, dass die Banken auch immer weniger vor Ort sind und die Nachlassabwicklung an anonyme „Kompetenzzentren“ abgegeben haben. Häufig fehlt es sogar an den einfachsten Grundkenntnissen, was uns die Nachlassabwicklung erschwert.
10. Welche Probleme und Herausforderungen entstehen dadurch?
Es wird mit nur großen Schwierigkeiten Verfügungsgewalt über Konten eingeräumt. Auskünfte werden nur nach monatelanger Bearbeitungszeit und meist nur nach Erinnerung oder sogar nach der Androhung von Vorstandsbeschwerden erteilt.
11. Wie könnte eine Schulung für Bankmitarbeiter aussehen, um diese Wissenslücken zu schließen?
Wie jede andere Schulung im Erbrecht auch. Es geht darum, ein Grundverständnis zu vermitteln. Dies bedeutet konkret, wie ist die gesetzliche Erbfolge geregelt, was ist der Pflichtteil, wie funktionieren Testamente und Erbverträge, was ist der Unterschied zwischen Erben und Vermächtnisnehmern, wie läuft die Abwicklung eines Erbfalls ab, welche Personen werden im Erbrecht tätig und welchen Funktionen haben diese etc.
11. Was sollten Makler beachten, wenn sie mit Erbschaftsimmobilien zu tun haben?
Sie sollten sich genau überlegen, mit welchem Auftraggeber sie es zu tun haben und mit welcher Person bzw. mit welchen Personen sie dann welchen Maklervertrag abschließen. Ist es ein Alleinerbe oder eine Erbengemeinschaft? Handelt ein Testamentsvollstrecker, ein Nachlasspfleger, ein Nachlassverwalter oder sogar ein Nachlassinsolvenzverwalter. Den Käufern sollte frühzeitig kommuniziert werden, dass es im Erbrecht immer auch Schwierigkeiten geben kann, die zu Verzögerungen in der Abwicklung führen können. Dies kann wichtig werden, wenn der Käufer Darlehen anfragt und mit seiner Bank verhandelt.
12. Welche rechtlichen Aspekte müssen berücksichtigt werden, wenn Immobilien von Betreuern, Nachlassverwaltern oder Erbengemeinschaften verkauft werden?
Die Beantwortung dieser Frage würde den Rahmen dieses Interviews sprengen. Wo fange ich an und wo höre ich auf?
13. Können Sie ein erfolgreiches Beispiel für eine Zusammenarbeit zwischen einem Erbrechtsanwalt und einem Makler schildern?
Oh ja. Ich hatte einen Erbfall mit mehreren Immobilien, die teilweise hunderte Kilometer von unseren Kanzleisitzen entfernt waren. Ein Erbe stand unter Betreuung und der andere Erbe war in England inhaftiert. Ich hatte am Ende vom Nachlassgericht den Auftrag, den Nachlass als Testamentsvollstrecker auseinanderzusetzen. Mit dem Makler hatte ich noch nie vorher Kontakt. Wir haben es aber alles gemeinsam geschafft. Ich konnte auch davon profitieren, dass der Makler ein sehr gutes Netzwerk, nicht nur zu anderen Maklern hatte, sondern auch zu Handwerkern, die die Nachlassimmobilien betreuen mussten, bevor es dann letztlich zu einer erfolgreichen Verwertung kam.
14. Was sind die häufigsten Fehler, die Makler beim Umgang mit Erbschaftsimmobilien machen? Sie unterschätzen häufig die Tücken des Erbrechts und die Emotionen der Erben.
14. Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung im Bereich Erbrecht und Immobilienvermittlung?
Nun ja. Wir haben ca. 1 Millionen Todesfälle pro Jahr in Deutschland. Die Erblasser werden hierbei immer älter, was auch bedeutet, dass die Erben älter werden. Die Erben haben meist schon ein eigenes Heim, so dass es vermehrt zu Veräußerungen von Nachlassimmobilien kommen wird. Zudem werden in Deutschland jedes Jahr 400 Milliarden EUR vererbt. Ein gigantischer Markt.
15. Welche Trends oder Veränderungen erwarten Sie in den nächsten Jahren?
Ich denke, dass es immer weiter zu Veränderungen in den familiären Strukturen kommen wird. Früher lebten die Erben nicht selten alle zusammen im gleichen Ort. Die Immobilien wurden in der Familie an die Kinder oder an die Enkel weitergegeben. Das ist weniger geworden und wird meiner Meinung nach noch weniger. Die Familien sind örtlich zerstreut. Die Kinder und Enkel wohnen nicht mehr in den Ursprungsstädten. Die Wohnungen, Einfamilienhäuser, Höfe und Betriebsimmobilien werden veräußert. Die Erben benötigen nicht selten cash, damit sie ihre eigenen Immobilien in den Ballungsgebieten finanzieren können.
16. Welche Ratschläge würden Sie Maklern geben, die sich auf den Verkauf von Erbschaftsimmobilien spezialisieren möchten?
Schaffen Sie Kontakte zu uns Erbrechtsanwälten! Bilden Sie sich im Erbrecht fort!
17. Gibt es abschließend noch etwas, das Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben möchten?
Bei Nachlassimmobilien die Ruhe bewahren; bislang ist noch jeder Fall gelöst worden.
18. Wie können Makler sich besser auf die Bedürfnisse von Erbrechtsanwälten einstellen?
Letztlich müssen wir uns miteinander unterhalten. Wenn wir mehr voneinander wissen, umso mehr wissen wir, was der andere braucht.
19. Welche Rolle spielen digitale Tools und Plattformen bei der Vermittlung von Erbschaftsimmobilien?
Wie ich von Maklern gehört habe spielen solche Plattformen eine immer größere Rolle bei der Vermittlung von Nachlassimmobilien. Hier bin ich aber nicht der Fachmann, da ich die Verwertung von Nachlassimmobilien immer in professionelle Hände gebe.
Das Interview mit Lukke Mörschner verdeutlicht die Notwendigkeit für Immobilienmakler, die Grundlagen des Erbrechts zu verstehen, insbesondere wenn sie mit Nachlassimmobilien arbeiten. Durch den Aufbau starker Beziehungen zu Erbrechtsanwälten und das Erlangen eines umfassenden Verständnisses der rechtlichen Prozesse und Verantwortlichkeiten können Makler den Verkauf von Erbimmobilien effektiv verwalten und so einen reibungslosen Ablauf für alle Beteiligten gewährleisten. Angesichts der kontinuierlichen Entwicklungen in den Bereichen Immobilien und Recht wird es zunehmend wichtig, informiert zu bleiben und die Zusammenarbeit zwischen diesen Sektoren zu fördern, um erfolgreich zu sein.
Lukke Mörschner
Lukke Mörschner
Rechtsanwalt Lukke Mörschner ist seit Jahren auf das Thema Erbrecht spezialisiert. Er ist als Berater überregional bekannt, um Erbfälle, auch im Bereich des internationalen Erbrechts, zu gestalten und im Konfliktfall außergerichtlich und gerichtlich zu lösen. Lukke Mörschner organisiert die Erbauseinandersetzung, setzt Ansprüche seiner Mandanten überlegt durch, ist als Testamentsvollstrecker und vereinzelt auch als Nachlasspfleger im Auftrag von Nachlassgerichten tätig. Hierbei berät er nicht ausschließlich im Auftrag von Privatmandanten, sondern steht auch regelmäßig Rechtsanwälten und Steuerberatern zur Verfügung, wenn komplexe internationale Erbfälle oder Erbfälle im Unternehmensbereich oder bei Freiberuflerpraxen die Hinzuziehung eines Spezialisten notwendig werden lassen oder wenn Testamentsvollstrecker fachanwaltliche Hilfe benötigen. Im Jahr 2020, 2021 und im Jahr 2022 wurde er von den Zeitschriften Capital & Stern unter die 13 besten Anwälte für Erbrecht in Westdeutschland gewählt (NRW, Hessen, Rheinland Pfalz).