Der Begriff Nießbrauch spielt sowohl bei Immobilienverkäufen als auch bei Erbschaften eine bedeutende Rolle. Er stammt aus dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und beschreibt das Recht, ein fremdes Eigentum zu nutzen, ohne es zu besitzen. Ob beim Verkauf einer Immobilie mit Nießbrauchsvorbehalt oder im Rahmen einer erbrechtlichen Gestaltung – dieses juristische Konstrukt bietet zahlreiche Möglichkeiten und Herausforderungen.
Nießbrauch wird oft mit Vermögenssicherung, Steuervorteilen oder der Absicherung von Angehörigen in Verbindung gebracht. Doch wie funktioniert das Ganze konkret? Welche rechtlichen Besonderheiten gibt es? Und wie lassen sich die Potenziale optimal nutzen? Tauchen wir ein in die Welt des Nießbrauchs.
Das Nießbrauchrecht bei Immobilien bedeutet, dass ein Recht an der Nutzung der Immobilie besteht. Nießbrauch stellt ein unveräußerliches und unvererbliches Recht dar, welches dem Berechtigten gestattet, alle Nutzungen der Sache zu beziehen. Im § 1030 BGB ist der Nießbrauch wie folgt definiert:
„Eine Sache kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch).“
Damit das Nießbrauchrecht rechtskräftig ist, muss ein Notar das Recht offiziell im Grundbuch eintragen.
Beim Nießbrauch bleibt grundsätzlich ein anderer der Eigentümer der Immobilie. Dem Berechtigten werden dabei drei grundlegende Rechte an dem Gegenstand eingeräumt:
Dies bedeutet, dass der Berechtigte neben der Nutzung der Immobilie auch ein Recht auf beispielsweise Mieteinnahmen hat. Das Nießbrauchrecht ist eine Steigerung zum Wohnrecht. Bei einem eingetragenen Wohnrecht besteht lediglich das Recht auf Nutzung. Auch die laufenden Kosten der Immobilie werden zwischen Eigentümer und Nutznießer des Nießbrauchs aufgeteilt.
Beim Nießbrauch sind verschiedene Arten zu unterscheiden:
Quotennießbrauch:
Bei Quotennießbrauch beschränkt sich das Nutzungsrecht auf einen Teil des Gegenstandes, beispielsweise nur einen bestimmten Abschnitt eines Grundstücks.
Bruchteilsnießbrauch:
Bei mehreren Eigentümern eines Mietshauses bezieht sich das Nießbrauchrecht nur auf den Teil, der dem Besteller gehört.
Vorbehaltsnießbrauch:
Dem bisherigen Eigentümer wird bei der Übertragung von einem Grundstück bereits vorbehaltlich ein Nutzungsrecht gegenüber dem neuen Eigentümer eingeräumt. Der Vorbehaltsnießbrauch geht bei Abschluss der Übertragung in ein festes Nutzungsrecht über.
Zuwendungsnießbrauch:
Es handelt sich um einen Zuwendungsnießbrauch, wenn beispielsweise an einem Grundstück ein Nießbrauch bestellt wird, der dazu führt, dass der Nießbraucher als Begünstigter der Vermietung und Verpachtung gegenüber Dritten hervorgeht. Der Nießbrauchsberechtigte profitiert also von den Einnahmen. Dieser Vorgang kann als entgeltlicher oder unentgeltlicher Nießbrauch gestaltet sein. Davon abhängig, ob der Nießbraucher ein Entgelt an den Eigentümer entrichtet.
Auch wenn es im ersten Moment so klingen mag, als hätte der Nießbraucher mehr Rechte als der Eigentümer, gibt es dann doch einige Dinge, die der Nießbraucher nicht tun darf. Beispielsweise darf er die Immobilie nicht verkaufen oder mit weiteren Krediten zu belasten, wenn der eigentliche Eigentümer nicht zustimmt. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Nießbraucher auch nicht berechtigt, die Sache wesentlich umzugestalten oder zu verändern. Auf der anderen Seite ist der Nießbraucher nicht verpflichtet, grundlegende Ausbesserungen und Erneuerungen durchzuführen. Die Kosten hierfür fallen grundsätzlich alleine dem Eigentümer zur Last.
Das darf der Nießbraucher nicht:
Die Vorteile lassen sich gut zusammenfassen:
Die laufenden Kosten der Immobilie werden zwischen Eigentümer und Nießbraucher wie folgt aufgeteilt:
Kosten für den Nießbraucher:
Kosten für den Eigentümer:
Eigentümer und Nießbraucher können individuelle Absprachen bzgl. der Ausgaben treffen. Es ist ratsam, sie schriftlich festzuhalten. Sollte der Nießbraucher die Immobilie vermieten, erhält er die laufenden Mietkosten. Er ist aber ebenso für die Versteuerung verantwortlich.
Im Zuge der Grundsteuerreform ist eine "Erklärung zur Feststellung der Grundsteuerwerte" verpflichtend. Diese muss, auch bei einem Nießbrauch, durch den Eigentümer der Immobilie abgegeben werden.
Vor dem Verkauf einer Immobilie sollte die Wertminderung einer Immobilie durch den Nießbrauch berechnet werden. Wie hoch die Wertminderung ist, hängt maßgeblich vom Alter und dem Geschlecht des Nießbrauchers ab. Der Gegenwert des Nießbrauchs wird vom aktuellen Wert der Immobilie abgezogen. Je älter der Nießbraucher ist, desto geringer der Gegenwert.
Für die Berechnung gibt es eine Wertminderungstabelle.
Beispiel zur Wertminderung bei Nießbrauch:
Herr Schütz ist 65 Jahre alt und besitzt eine vermietete Eigentumswohnung. Durch diese erhält er eine Nettomiete von 1200 Euro im Monat. Er entschließt sich dazu, die Wohnung seinem Sohn zu schenken. Der Wert der Wohnung beträgt 440.000 Euro. Der steuerliche Freibetrag liegt bei 400.000 Euro. Demnach bleiben 50.000 Euro übrig, welche versteuert werden müssten, es sei denn der Gegenwert durch den Nießbrauch übertrifft diesen Wert:
Vor der Berechnung des Nießbrauchs sollten Sie den Wert Ihrer Immobilie kennen. Diesen können Sie von unseren Experten mit HAUSGOLD kostenlos ermitteln lassen.
Ein häufiger Anwendungsfall des Nießbrauchsrechts ist bei Schenkungen von Immobilien zu Lebzeiten. Z.B. können Eltern, die die eigene Immobilie an ihre Kinder übertragen, so die Erbschaftssteuer umgehen. Stattdessen wird dann die Schenkungssteuer fällig. Besteht für die Immobilie Nießbrauchrecht, wird dessen Wert bei der Schenkungssteuer berücksichtigt, die dann geringer ausfällt. Zusätzlich gibt es großzügige Freibeträge bei der Schenkungssteuer, sodass nicht selten steuerfrei ist. Im Abstand von 10 Jahren können diese Freibeträge erneut in Anspruch genommen werden.
Doch wann beginnt die 10-Jahresfrist bei Nießbrauch? Die Frist beginnt mit der Antragstellung der Eintragung der Schenkung ins Grundbuch.
In der Regel wird durch die Schenkung mit eingetragenen Nießbrauch die Erbschaftssteuer umgangen. Es gibt jedoch Situationen, in denen sie laut Erbrecht herangezogen werden kann. Ein Erblasser überträgt die Immobilie an sein Kind. Die Ehefrau wird jedoch ein Nießbrauchrecht eingeräumt. Für den materiellen Wert des Nießbrauchs wird nun die Erbschaftssteuer fällig, die von der Ehefrau gezahlt werden muss.
Die Belastung eines Hauses mit dem Nießbrauch ist im Grundbuch eingetragen und bleibt bei einem Verkauf bestehen. Obwohl der Käufer also das Eigentum an dem Haus erhält, erwirbt er dieses nur inklusive des bestehenden Nießbrauchsrechts und ist somit an der Nutzung des Hauses (z.B. durch Vermietung) gehindert. Bei der Bewertung einer Immobilie, die mit einem Nießbrauch belastet ist, hat ein Gutachter generell einen entsprechenden Abzug vom Wert zu berücksichtigen.
Selbstnutzer haben häufig kein Interesse an Immobilien mit Nießbrauch. Abnehmer solcher Immobilien sind in der Regel Kapitalanleger. Da die Immobilie durch den eingetragenen Nießbrauch zu einem vergleichsweise niedrigeren Preis verkauft werden würde, gibt es durchaus Investoren mit Interesse. Wählen Sie demnach bei dem Verkauf eine Strategie, welche in erster Linie Kapitalanleger anspricht.
Wählen Sie für einen erfolgreichen Verkauf einen geeigneten Immobilienexperten. Vor allem beim Verkauf an Kapitalanleger sollten Privatverkäufer achtsam sein. HAUSGOLD bietet Ihnen eine individuelle Auswahl von zertifizierten Experten in Ihrer Umgebung.
Beim Verkauf eines Grundstücks oder einer Immobilie mit eingetragenem Nießbrauch verhält es sich wie bei einem normalen Immobilienverkauf. Unter bestimmten Bedingungen fällt eine Spekulationssteuer an. Es gibt jedoch Umstände, unter denen diese wegfällt:
Sind beide Umstände nicht gegeben, wird die Spekulationssteuer fällig, welche sich am persönlichen Steuersatz und an der Höhe des Gewinns festlegen lässt.
Das Recht auf Nießbrauch kann grundsätzlich auch wieder aufgehoben werden. Entweder kann im Rahmen des Nießbrauchvertrags eine feste Zeitspanne für die Dauer des Nießbrauchsrechts festgelegt werden. Oder aber es wird aufgrund unsachgemäßem Gebrauch über die Aufhebung des Nießbrauchsrechts bestimmt. Nießbraucher und Eigentümer können sich jedoch auch im Einvernehmen darüber einigen, dass das Nießbrauchrecht enden soll. Wird das Recht auf Nießbrauch beendet, so ist der Nießbrauchsberechtigte dazu verpflichtet, die betreffende Sache wieder an den Eigentümer zurückzugeben.
Vor allem im Zuge eines Verkaufs wäre es sinnvoll, einen Nießbrauch zu löschen. Dies bedarf einer Zustimmung bzw. Löschungsbewilligung des Nießbrauchers. Die Löschung aus dem Grundbuch muss vom Notar bewilligt und unterzeichnet werden. Mit Löschung des Nießbrauchs gehen alle Rechte und Pflichten an den Immobilieneigentümer über. Durch die Löschung können folgende Kosten entstehen:
Planen Sie für die Löschung ausreichend Zeit ein, da es zu Wartezeiten beim Grundbuchamt kommen kann.
Es gibt einige Gründe, warum sich ein Immobilieneigentümer für ein Nießbrauch entscheiden kann: