Das deutsche Erbrecht ist umfangreich. Teil von ihm ist die gesetzliche Erbfolge, die den Nachlass regelt, wenn kein Testament vorhanden ist. Was dies genau bedeutet und welche Nachteile dadurch entstehen können, erfahren Sie hier.
Die gesetzliche Erbfolge gibt die Erbreihenfolge vor, sobald weder ein Testament noch ein Erbvertrag vorhanden ist. Im Rahmen dessen werden die Verwandten bevorteilt, welche dem Erblasser am nächsten standen. Dabei teilt das Erbrecht die Verwandten in Ordnungen ein. So stehen die direkten Nachkommen dem Erblasser beispielsweise näher als die Geschwister.
Auch der eingetragene Lebenspartner bzw. Ehepartner wird bei der gesetzlichen Erbfolge berücksichtigt. Aber Achtung: Ein Lebensgefährte wird nicht im gesetzlichen Erbrecht inkludiert. Er ist somit nicht Teil der gesetzlichen Erbfolge. Damit er einen Teil des Erbes erhält, ist eine letztwillige Verfügung erforderlich.
Greift die gesetzliche Erbfolge, schließen die Erben früherer Ordnungen die Erben der nachfolgenden Ordnungen aus. Das heißt: Hat der Erblasser eigene Kinder, erben diese. Obgleich bei der gesetzlichen Erbfolge Geschwister, Eltern und weitere Erben der anderen Ordnungen berücksichtigt werden können, werden sie in diesem Beispiel keine Erben. Sie gehen aufgrund der Kinder des Erblassers leer aus.
Bei einer Erbfolge ohne Testament erben ebenfalls die Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner des Erblassers. Wichtig ist hierbei, dass die gesetzliche Erbfolge nach dem Prinzip der Verwandtenerbfolge nach den bereits erwähnten Ordnungen erfolgt.
Ehepartner sind mit dem Erblasser nicht verwandt. Aus diesem Grund greift bei ihnen ein Sondererbrecht. Wie hoch ihr Erbteil ist, richtet sich nach dem vorab vereinbarten Güterstand. Häufig handelt es sich um die sogenannte Zugewinngemeinschaft. Darüber hinaus ist entscheidend, ob der Erblasser Kinder hatte oder nicht. Sind Kinder da, teilt sich das Erbe zwischen dem überlebenden Ehepartner und den Kindern auf.
Herr B. war nie verheiratet, aber hat drei Kinder gezeugt. Daraus sind vier Enkelkinder entstanden. Als Herr B. stirbt, hinterlässt er seine Mutter und ein Kind, welches selbst zwei Sprösslinge hat. Zudem gibt es noch ein lediges Kind und zwei Enkelkinder, die von einem vorab verstorbenen Kind von Herrn B. stammen.
Wer beerbt Herrn B.?
Die eigenen Kindern von Herrn B. sind Erben der 1. Ordnung. Dazu kommen noch die zwei Enkelkinder, die von Herrn B.s verstorbenen Kind abstammen. Sie nehmen die Stelle ihres toten Elternteils an. Das ist nach § 1924 Abs. 3 BGB geregelt. Herr B.s Mutter erbt nichts. Sie ist Erbin der 2. Ordnung und wird surch die Erben der 1. Ordnung ausgeschlossen.
Die gesetzliche Erbfolge kann mit einigen Nachteilen einhergehen. Wer sie kennt, kann besser einschätzen, ob es nicht ratsamer ist, ein Testament zu machen.
Eine Erbschaft allgemein kann für Streitigkeiten sorgen. Insbesondere wenn von einer Erbengemeinschaft eine Immobilie geerbt wird, sind oft Schwierigkeiten vorprogrammiert. Jetzt muss sich darüber geeignet werden, was mit der Liegenschaft passiert: Verkauf, Vermietung, Eigennutz. Im schlimmsten Fall kann sich die Erbengemeinschaft nicht einigen und es kommt zu einer Zwangsversteigerung, die mit finanziellen Verlusten einhergeht.
Um Umstände wie diese zu vermeiden, bietet sich eine Erbfolge mit Testament oder Erbvertrag an. Eine Verfügung wie diese setzt die gesetzliche Erbfolge außer Kraft. Der Erblasser bestimmt selbst, wer was und wie viel davon erbt. Ein Testament und ein Erbvertrag bringen somit zum Ausdruck, dass die gesetzliche Erbfolge nicht gewünscht ist.
Stattdessen hat der Erblasser ganz eigene Einstellungen dazu, wer zu seinen Erben gehören soll. Neben Verwandten kann er natürlich auch Bekannte, Freunde, Institutionen, Vereine, die Kirche etc. berücksichtigen. Individuelle Wünsche wie diese sind nicht über die gesetzliche Erbfolge möglich. Damit nimmt sie die Stellung einer Notlösung ein, obgleich in Deutschland noch immer hauptsächlich per gesetzlicher Erbfolge vererbt wird.
Ein Testament ermöglicht, die Erbfolge zu regeln und bestimmte Personen zu enterben. Allerdings gibt es im deutschen Erbrecht eine Pflichtteilsregelung. Dabei legt die gesetzliche Erbfolge den Pflichtteil fest. Wird beispielsweise das eigene Kind per Testament enterbt, kann es einen Pflichtteil einfordern. Dieser beläuft sich auf 50 % des Erbteils, den der direkte Nachkomme normalerweise per gesetzlicher Erbfolge erhalten hätte.
Ja, ein Kind wird in die gesetzliche Erbfolge integriert. Durch die Adoption erhält es die gleiche Stellung wie leibliche Kinder. Es gehört damit zu den Erben der ersten Ordnung. Ist das adoptierte Kind minderjährig, erlischt das Verwandtschaftsverhältnis zu den bisherigen Verwandten. Das sagt § 1755 BGB aus. Somit ist dieser Sprössling nicht mehr erbberechtigt gegenüber seinen leiblichen Eltern. Außerdem beerben die Adoptiveltern ihr Adoptivkind und nicht mehr die leiblichen Eltern.
Etwas anders sieht die Sachlage bei volljährigen Kinder aus. Bei ihnen erlischt die verwandtschaftliche Beziehung zu den leiblichen Eltern nach § 1770 Abs. 2 BGB nicht. Ein volljähriges adoptiertes Kind wird somit gesetzlicher Erbe von bis zu vier Elternteilen: den leiblichen Eltern und den Adoptiveltern. Kein gesetzliches Erbrecht hat das Adoptivkind gegenüber den Verwandten der Adoptiveltern.
Sollten weder Erbvertrag noch Testament vorhanden sein, greift die gesetzliche Erbfolge. Wenn es laut dieser allerdings keine Erben gibt oder die Erben die Erbschaft ausschlagen, wird der Staat der Erbe. Genauer gesagt: Es erbt das Bundesland, in welchem der Erblasser zu seinem Todeszeitpunkt wohnte und seinen Wohnsitz hatte. Hatte der Erblasser seinen Wohnsitz im Ausland und ist kein gewöhnlicher Wohnsitz festzustellen, erbt nach § 1936 BGB der Bund. Hatte der Erblasser Schulden, besteht für den Staat eine Haftungsbeschränkung.
Nein, geschiedene Ehepartner werden von der gesetzlichen Erbfolge nicht berücksichtigt. Hierfür muss die Scheidung noch nicht vollzogen worden sein. Es reicht aus, wenn die Voraussetzungen für eine offizielle Scheidung beim Todeszeitpunkt vorlagen. Diese sind gegeben, sobald der Erblasser den Scheidungsantrag gerichtlich eingereicht hat oder der Erblasser dem Scheidungsantrag des Ex-Partners zugestimmt hat.
Wichtiger Hinweis: Unsere Artikel dienen als informative Ratgeber und stellen demnach keine verbindliche Rechtsberatung dar.