Mathis Ruff
Mathis Ruff
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Eine Scheidung ist für gewöhnlich kein leichtes Unterfangen. Neben der emotionalen Belastung kommen zusätzlich Scheidungskosten auf das Ehepaar zu. Welches Ausmaß die Kosten der Scheidung haben, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine Scheidung im Einvernehmen ist generell günstiger als eine Scheidung im Streit.
Der Experte und Rechtsanwalt vom Verlag für Rechtsjournalismus, Mathis Ruff, erklärt im Gespräch mit HAUSGOLD, wie sich die Kosten einer Scheidung ergeben und was beachtet werden sollte.
Im Grunde richten sich die Scheidungskosten stets nach zwei wesentlichen Punkten:
Diese beiden Aspekte sind die grundlegenden Voraussetzungen für die Festsetzung des Verfahrenswertes.
Der Verfahrenswert stellt die Berechnungsgrundlage für die Gerichts- und Anwaltsgebühren dar. Das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) und das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) stellen für die Berechnung der Scheidungskosten entsprechende Gebührentabellen und Kosten- bzw. Vergütungsverzeichnisse zur Verfügung.
Die Gerichtsgebühr fällt im Scheidungsverfahren dabei stets doppelt an, die Anwaltsgebühren liegen bei mindestens 2,5 Gebührensätzen - je Anwalt und mindestens einer der Antragsteller muss einen Anwalt beauftragen.
Zusätzlich können dann z. B. auch noch Notarkosten, etwa für die Beurkundung einer Scheidungsfolgenvereinbarung, oder Gutachterkosten im Einzelfall entstehen.
Sehr stark vereinfacht lässt sich sagen: Je höher die Einkünfte und das Vermögen der Eheleute und je mehr Scheidungsfolgen vor dem Familiengericht und durch einen Anwalt geklärt werden sollen, desto höher die Scheidungskosten.
Der Verfahrenswert, oder auch Gegenstandswert, bildet die Grundlage für die Berechnung der Scheidungskosten. Anhand dieser Berechnungsgröße lassen sich die im Einzelfall entstehenden einfachen Gerichts- und Anwaltsgebühren ermitteln. Wie sich der Verfahrenswert im einzelnen zusammensetzt, legt das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) fest. In Ehesachen darf der Verfahrenswert nicht unter 3.000 € und nicht über einer Million Euro angenommen werden.
Ein maßgebender Faktor für die Ermittlung des Verfahrenswertes sind:
Keinen Einkommens-Charakter haben Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II. Bei größeren Vermögenswerten können auch diese bei der Berechnung des Verfahrenswertes Berücksichtigung finden.
Anhand des Verfahrenswertes können Familiengericht und Scheidungsanwalt dann die entstehenden Gebühren und Gesamtkosten ermitteln.
Der Scheidungsverbund (§ 137 FamFG) beinhaltet die gerichtliche Entscheidung der Scheidung und der Folgesachen einer Ehe. Zu den Folgesachen zählt folgendes:
Durch den Scheidungsverbund hat das Ehepaar die Möglichkeit, Folgesachen während der Ehescheidung gerichtlich zu regeln. Dabei gilt der “Zwangsverbund” von dem zu beantragenden Verbund zu unterscheiden. Der “Zwangsverbund” wird in aller Regel, von Amts wegen, im Verbundverfahren vor dem Familiengericht verhandelt. Bei allen weiteren Scheidungsfolgen wird es hingegen nur auf Antrag eines der Ehegatten tätig.
Sollen auch weitere Scheidungsfolgesachen in das Verbundverfahren aufgenommen und gerichtlich geklärt werden, erhöht sich der Verfahrenswert entsprechend, z. B.:
Die Gerichtskosten tragen die Ehegatten in aller Regel jeweils hälftig. Die Anwaltskosten trägt der Auftraggeber. Das bedeutet, jeder Ehegatte hat im Allgemeinen die Kosten seines eigens beauftragten Rechtsbeistandes zu tragen. Aber auch hier sind natürlich Ausnahmen möglich, etwa wenn einer der Ehegatten die Kosten aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht selbst tragen kann. Hier kämen dann unterschiedliche Möglichkeiten in Betracht:
Eheleute können sich im Zuge einer einvernehmlichen Scheidung auf eine Kostenteilung einigen und dann die gesamten Scheidungskosten jeweils hälftig tragen. Entsprechende Absprachen sind z. B. im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung möglich.
Am ehesten lassen sich Scheidungskosten einsparen, indem sich die Eheleute über die meisten Folgesachen der Scheidung im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung einigen, sofern dies nicht bereits vorsorglich in einem Ehevertrag geschehen ist. Zwar entstehen auch für die Errichtung und Beurkundung entsprechender Verträge Kosten, diese fallen am Ende aber sicher immer geringer aus, als würden sie sämtliche Scheidungsfolgesachen in ein streitiges Verbundverfahren aufnehmen lassen.
Vor dem Familiengericht gilt der Anwaltszwang immer nur für Antragsteller. Also muss theoretisch nur der Ehegatte einen Rechtsanwalt mit der Vertretung vor dem Familiengericht beauftragen, der den Scheidungsantrag einreicht. Stimmt der Antragsgegner der Scheidung zu, benötigt er im Verfahren selbst also keinen eigenen Anwalt. Die Anwaltskosten würden hier mithin nur für einen der beiden anfallen. In streitigen Verfahren hingegen stellen zumeist beide Seiten eigene Anträge, weshalb beide dann auch einen eigenen Rechtsbeistand benötigen.
Auch bei einer einvernehmlichen Scheidung können die Eheleute keinen gemeinsamen Anwalt als Vertreter beauftragen. Auch um Interessenskonflikte zu vermeiden, darf ein Scheidungsanwalt immer nur einen der beiden Verfahrensbeteiligten rechtlich vertreten. Um eine mögliche Benachteiligung zu vermeiden, ist es deshalb sicher auch für den Antragsgegner von Vorteil, wenn er sich zumindest außergerichtlich von einem Rechtsanwalt beraten lässt.
Eine gemeinsame Immobilie kann bei der Vermögensteilung durchaus zu Schwierigkeiten führen. Grundsätzlich gilt: Sind beide Ehegatten im Grundbuch als Miteigentümer eingetragen, dann ändert auch eine Scheidung an den dort festgelegten Eigentumsverhältnissen erst einmal nichts. Hier bedarf es stattdessen einer zusätzlichen vermögensrechtlichen Auseinandersetzung, an deren Anfang u. a. folgende Fragen geklärt werden sollten:
Feste Regeln gibt es leider auch hier nicht. Es bedarf einer genauen Abwägung der möglichen Optionen, um die im Einzelfall beste Lösung zu finden.
Befindet sich die Immobilie hingegen im Alleineigentum eines der Ehegatten, so dürfte es der andere schwer haben, einen Anspruch auf diese zu erheben. Ganz ausgeschlossen ist aber auch das nicht, insbesondere wenn der Nichteigentümer in erheblichem Maße nachweislich am Erhalt der Immobilie mitgewirkt hat.
Aber grundsätzlich bestimmen die Eigentumsverhältnisse gemäß Grundbuchauszug mögliche Ansprüche. Eine Immobilie, die sich im Alleineigentum eines der Ehegatten befindet, kann allerdings durchaus im Zugewinnausgleich Berücksichtigung finden und so auf Umwegen Ausgleichsansprüche ermöglichen. Allerdings: Befand sich die Immobilie schon zum Zeitpunkt der Hochzeit im Eigentum des Ehegatten, dann fällt sie in dessen Anfangsvermögen. Im Zugewinnausgleich wird dann in aller Regel nur noch der Wertzuwachs berücksichtigt.
Sind beide Ehegatten Gesamtschuldner gegenüber dem Kreditgeber, haften sie auch jeweils in voller Höhe für den Darlehensbetrag. Oftmals ist es schwierig, die Banken davon zu überzeugen, einen der Ehegatten aus dem Kreditvertrag zu entlassen. Dazu verpflichtet sind sie auch nicht, selbst wenn es zur Scheidung kommt.
Die Eheleute können sich dann aber zum Beispiel im Innenverhältnis - also untereinander - bezüglich der Ratentilgung einigen. An diese Vereinbarungen sind die Banken zwar nicht gebunden, sie ermöglichen aber eine verlässliche Regelung zwischen den Ehegatten selbst. Unter Umständen kann auch eine Umschuldung erfolgen, d. h. einer der Ehepartner löst den alten gemeinsamen Kredit mit einem neuen Einzelkredit ab.
Eheleute sollten sich in jedem Fall bezüglich unterschiedlicher Lösungsansätze beraten lassen. Eine Pauschallösung gibt es auch hier nicht.
Schnellschüsse vermeiden und Ruhe bewahren. Das deutsche Familienrecht setzt ein mindestens einjähriges Trennungsjahr für eine Scheidung voraus (natürlich gibt es auch hier mögliche Ausnahmen). Das soll den Eheleuten zum einen die Möglichkeit geben, ihre Entscheidung genau zu reflektieren. Zum anderen bietet es aber auch die Chance, sich neu zu ordnen und die Scheidung in aller Ruhe vorzubereiten. Die Eheleute sollten das Trennungsjahr daher sinnvoll nutzen und sich zum Beispiel schon einmal bezüglich sämtliche Folgesachen soweit wie möglich einigen.
Ist der anfängliche Frust und Ärger etwas verflogen, kann z. B. eine erste Bestandsaufnahme helfen - und natürlich eine erste Beratung bei einem Anwalt. Dieser kann die Betroffenen von Anfang an dabei unterstützen, einen Überblick über die Folgen der möglichen Scheidung zu gewinnen. Für Laien ist es schwer, den Durchblick zu behalten oder mögliche Konsequenzen von Einigungen abzuschätzen.
Und viele Folgesachen, Rechte und Pflichten sind den meisten sogar gänzlich unbekannt. Ein Rechtsanwalt kann für Struktur sorgen. Und sollten die Ehegatten sich so sehr überworfen haben, dass ruhige gemeinsame und klärende Gespräche nicht mehr möglich sind, kann er als objektive Instanz auch als Sprachrohr dienen und so zum Beispiel das Konfliktpotential herabsetzen. So kann am Ende eine einvernehmliche Scheidung erleichtert werden, die zum einen weniger Stress, zum anderen aber auch eine geringere Kostenbelastung (gegenüber einem gleichwertigen streitigen Verfahren) bedeutet.
Mathis Ruff
Mathis Ruff
Mathis Ruff ist Rechtsanwalt für den Bereich Familienrecht und Verkehrsrecht in Berlin. Mit seiner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sind er und sein Team auf die Beratung und Vertretung von Verbrauchern spezialisiert. Seit Gründung der Kanzlei im Jahr 2015 konnten bereits über 10.000 Mandanten erfolgreich vertreten werden. Mit über 200 Kolleginnen und Kollegen ist die Mathis Ruff Rechtsanwaltsgesellschaft mbH eine der größten und erfolgreichsten Kanzleien für Verbraucher in ganz Deutschland. Zudem ist er für den Online-Ratgeber scheidung.org als Experte tätig.